OVT: Herr Pernull, worauf dürfen sich die Besucher bei einem Kabarettabend mit Ihnen freuen? Geht es strikt nach Programmvorgabe oder gehören auch Spontanität und Stegreif dazu?
Jakob Pernull: Vor Auftritten drehe ich mich meist im Kreis, da ich es kaum schaffe, einen Programmablauf zu belassen, wie er mal notiert wurde. Ständig werfe ich um, überlege mir, welches Gedicht, Lied oder welcher Sketch auch noch Platz haben sollte, denn mittlerweile habe ich so einige Stunden an Texten im Kopf. Und der Moralprediger in mir möchte freilich so viel von meinem Kopf in die Köpfe des Publikums hin-einstopfen (grinst). Bei Auftritten ist es somit schon fast Teil meines Programms geworden, meinen Notizzettel über den Haufen zu werfen und spontan auf das Publikum zu reagieren. Ein für mich als auch für meine Frau sehr anstrengender Prozess, kann ich nur sagen. Das Publikum merkt davon meist nicht so viel.
Auf welche Themen setzen Sie bevorzugt? Wo holen Sie sich Ihre Ideen?
Ich lese Kästner, Kreisler, Rilke, höre Radio Ö1 und schaue mir oft Dokumentationen zu später Stunde an. Meine Frau sucht dann einmal gehörte Texte im Internet, denn der Computer und ich sind bisher noch keine Freunde geworden. Kalendersprüche oder Gespräche mit Freunden inspirieren mich ebenfalls. Der Großteil der Kabaretttexte (moderne Märchen) stammt vom Freund und Förderer Engelbert Obernosterer.
Gibt es eigentlich auch Tabu-Themen, die man nicht angreift?
Ich nutze Texte, die mich persönlich ansprechen. Sei es, dass sie mich zum Lachen bringen, zum Nachdenken oder auch ans Herz rühren. Denkverbote wie „ich denke, also bin ich“; diese Denkverbote verhindern, dass wir erwachsen werden und im bestehenden System machtlos bleiben.
Wie probt ein Kabarettist? Man lebt im Allgemeinen ja durchaus von den Reaktionen, Schmunzlern und Lachern des Publikums vor Ort?
Als Pensionist spaziere ich täglich durch Wald und über Wiesen rund um Tröpolach. Spreche laut vor mich hin, lerne auswendig und gestikuliere, um die Texte zu „verkörpern“. Hin und wieder besuchte ich „Theatermacher“, um mir Impulse zu holen und auf der Bühne selbst ist es das Publikum, das mich motiviert, weiterzumachen. Denn es gibt nichts Schöneres für mich, als Menschen über das gemeinsame Lachen, Singen, Nachdenken etc. zusammen zu bringen.
Kennen Sie auch Lampenfieber?
Die Angst habe ich in der Schule angehaftet bekommen; meine Zehen sind noch immer angespannt! Am leichtesten fallen mir spontane „Auftritte“ im Gasthaus. Bei größeren Auftritten bin ich tagelang davor unruhig – eben auch, weil ich mich mit meinem Programm nicht und nicht festlegen kann.
Welche Highlights blieben Ihnen vielleicht besonders in Erinnerung? Im 2009er OVT-Interview sprachen Sie etwa von einer Gegeneinladung zu einem Akkordeonfestival in Norwegen durch Freunde! Welche künftigen Ziele hätten Sie noch?
Norwegen ist noch immer auf der Agenda – unerfüllt! Gerne würde ich mit einem Containerschiff nach Peru fahren – konkret nach Pozuzo, wo ausgewanderte Tiroler am Rande Amazoniens eine Gemeinde gegründet haben. Falls ich dieses Vorhaben nicht schaffe, so reise ich eben in einer Barke im Kopf – denn die Angst vor so einer Reise ist doch größer als die Klappe, mit der ich davon erzähle.
Sie tauschten einst den Elektrounternehmer mit dem Kabarettisten – warum kam‘s zu Ihrer Sinnkrise damals, was war der Auslöser?
Mein Körper reagierte und ich war monatelang energielos. Die Suche der Seele ist unergründlich – und so flüchtete ich in die Musik, erlernte autodidaktisch ein paar Instrumente und verbrachte täglich einige Stunden mit Musik. Vermutlich war dies eine Rettung. Zudem gibt es in mir einen angeborenen Widerwillen, ein trotziges Kind, das scheinbar nicht anders kann, als es anders zu machen, als es sich gehört. Und da das Sicherheitsdenken bei mir nicht stark ausgeprägt ist – und meine Frau dafür sorgte, dass wir wirtschaftlich bestehen können, konnte ich mir die Freiheit nehmen, mich doch etwas nonkonform weiterzuentwickeln – wofür ich ihr sehr dankbar bin.
Welchen Wunschtraum möchten Sie sich nochmals erfüllen? Weltreise …
Weltreise kommt nicht in Frage! Ich zitiere Goethe: „Wünsche sind der Vorschein der Möglichkeiten, die in jedem Menschen zur Gestalt drängen.“ Mit dem, was ich tue, möchte ich dem „Lebendigen“ dienen und das vorhandene Repertoire selbstbewusster – mit mehr innerer Freiheit – auf die Bühne bringen. Weiters wünsche ich mir, dass mein Alterungsprozess genauso langsam verläuft wie meine innere Reifung; die erwünschten Auftritte, die noch kommen, sollen diesen Prozess begleiten und freudvolle Begegnungen unterstützen.
Und wie gefällt Ihnen der „Oberkärntner Volltreffer“ abschließend gefragt?
Mir gefällt, dass er mir eine Stimme gibt in dieser doch recht schnellen und lauten Zeit und dass er immer ein offenes Ohr hat für Ankündigungen unserer Pheldmanbühne.
Kurz gefragt:
Jakob Pernull
(Tröpolach)
Kabarettist und Elektrounternehmer i.R.
Sternzeichen: Schildkröte
Ich bin ...: ein liebenswerter Chaot (Aussage meiner Frau)
Lieblingsgetrännk: Bier
Lieblingstier: Schnecke - denn sie verkriecht sich, anstatt anzugreifen - von ihr kann ich noch viel lernen
Glücksbringer: spontane Begegnungen