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18. Juni 2025

Wolf ist für Almwirtschaft weiterhin großes Thema

Die Anzahl der Nutztierrisse auf Kärntens Almen ist im Vorjahr weiter zurückgegangen. Dennoch: Zum Start der heurigen Almsaison warnt ein renommierter Schweizer Wildbiologe vor einer Gefährdung der alpinen Artenvielfalt durch die Rückkehr der Wölfe. Der Almwirtschaftsverein Kärnten ortet auch einen Zusammenhang zwischen dem vermehrten Auftreten der Großraubtiere und Vorfällen zwischen Almvieh und Wanderern.

V. l.: LK-Präsident Siegfried Huber, Agrarreferent LH-Stv. Martin Gruber, Marcel Züger und Almwirtschaftsvereins-Obmann Josef Obweger. Foto: LK Kärnten

 Auf die Litzlhofer Alm hoch über Millstatt luden der Kärntner Almwirtschaftsverein und die LK-Kärnten diesmal zum Auftakt der heurigen Almsaison. Vor Ort waren Josef Obweger als Obmann des Kärntner- und Österreichischen Almwirtschaftsvereins, Agrarreferent LH-Stv. Martin Gruber und LK-Präsident Siegfried Huber. Ein großes Thema – wie auch die Jahre zuvor – war die Rückkehr der Wölfe. Zu diesem Thema hatte der extra eingeladene Schweizer Wildbiologe Marcel Züger einiges zu sagen. Die Rückkehr der Wölfe gefährde nicht nur die Weidetiere und die wirtschaftliche Grundlage der Almbauern, sondern bedrohe auch die Artenvielfalt in den sensiblen alpinen Lebensräumen, wie der Schweizer in seinem neu erschienenes Buch auch zeigt (Titel „Mensch, Wolf!“). „Wir sehen in der Schweiz, dass die Rückkehr der Wölfe mittelfristig großflächig zur Aufgabe der Bewirtschaftung führt – mit dramatischen Folgen für die Artenvielfalt!“ Besonders gefährdet sind laut dem Wildbiologen endemische Arten, also Arten, die nirgendwo sonst auf der Welt vorkommen. Den Wolf mit europaweit rund 60.000 Exemplaren sieht Zügler, der sich vor Jahren noch als Wolfsbefürworter sah, nicht mehr bedroht. Auch steht er Herdenschutzmaßnahmen kritisch gegenüber: „Zäune zerschneiden Lebensräume und werden zu Todesfallen für Wildtiere. Herdenschutzhunde stören das Wild massiv, zum Teil wildern sie sogar. Solche Maßnahmen stehen im direkten Widerspruch zu geltenden Naturschutzzielen.“

Abschuss „nimmt Emotionen heraus“

In Kärnten ist seit dem Vorjahr das Kärntner Alm- und Weideschutzgesetz in Kraft, das eine leichtere Entnahme von Wölfen regelt, die der Landwirtschaft Probleme bereiten und 2022 trat die Kärntner Wolfsverordnung in Kraft. Laut Josef Obweger gab es im Vorjahr einen großen Rückgang von Nutztierrissen auf den Almen, die er mit dem Kärntner Regelwerk in Zusammenhang sieht. „Im Jahr 2022 hatten wir 400 Risse, 2023 waren es nur mehr 133 und im Jahr 2024 hatten wir nur mehr 44 gemeldete Risse. Obwohl sogenannte Experten immer sagen, Abschüsse bringen nichts, ist für mich mit den Zahlen sehr wohl der Beweis erbracht, dass Entnahmen etwas bringen. Der Wolf hat keine natürlichen Feinde, ist aber ein schlaues Tier und wird hier in seine Schranken verwiesen“, so Obweger. Die Bauern haben anscheinend mit den Verlusten etwas besser leben gelernt: „Durch die Entwicklung in den letzten beiden Jahren gibt es wenigstens wieder eine Perspektive. Vorher war es Tabu einen Wolf zu schießen, seit 2022 ist es möglich. Das nimmt bei den Landwirten sehr viel Emotionen heraus“, so der Alm-Obmann, der hier auch die gute Zusammenarbeit der Interessenvertretungen – LK, Almwirtschaft, Jägerschaft, Beamtenschaft und Politik – lobt. 

Tiere in „Alarmbereitschaft“

In den letzten Jahren wird auch immer weniger Vieh auf die Almen aufgetrieben. „Seit 2010 sind die Auftriebszahlen um 20 Prozent zurückgegangen“, weiß Obweger. Das sei aber nicht zur Gänze dem Wolf geschuldet, auch der Wegfall der Mutterkuhprämie machte sich bemerkbar, wonach viele Mutterkuhbetriebe aus wirtschaftlichen Gründen aufgehört haben. Erst seit der neuen GAP-Periode 2023 haben sich die Zahlen auf niedrigerem Niveau wieder stabilisiert. Dennoch bräuchte es mehr Vieh auf den Almen, weil aufgrund der Klimaerwärmung auch die Vegetationsperiode verlängert und die Almen dazu neigen zuzuwachsen, sagt Obweger. Eine weitere, womöglich gravierendere Auswirkung durch das Großraubwild vermutet Obweger nach Gesprächen mit Almbauern und Almhaltern: Diese merken oft, dass eine Rinderherde nach einem Kontakt mit Großraubtieren ihr Verhalten plötzlich ändern und sich gegenüber Hunden noch unberechenbarer reagieren. Die Kühe befinden sich dadurch in „Alarmbereitschaft“, das Risiko für Zwischenfälle mit Wanderern werde dadurch erhöht. Obweger bringt einen Vorfall aus Heiligenblut als Beispiel, der sich kürzlich ereignete. Auch hier gebe es die Vermutung, dass die Tiere durch eine Goldschakal- oder einen Wolfsbegegnung aggressiver reagierten. Auf unseren Almen sind immer mehr Leute mit Hunden unterwegs. Obweger gibt zu bedenken, dass hier „mehr passieren“ könnte -  Konflikte und Haftungsfragen wären vorprogrammiert.