OVT: Frau Bgm. Lagger-Pöllinger, die Corona-Krise wird wohl einiges bei uns Menschen verändern. Wie spür(t)en sie es auch in ihrer Gemeinde?
Bgm. Marika Lagger-Pöllinger: Die aktuelle Situation stellt auch mich als Bürgermeisterin vor ganz neue Herausforderungen. Es müssen für die Gemeinde weitreichende Entscheidungen getroffen werden, dabei gilt es ruhig und verantwortungsbewusst im Sinne der gesetzlichen Verordnungen und Empfehlungen zu handeln. Niemand in der Gemeinde wird im Stich gelassen, weder bei der Kinderbetreuung noch bei anderen Hilfsdiensten – in Zusammenarbeit mit unseren Nahversorgern und dem Dorfservice gibt es auch eine Einkaufshilfe für Lebensmittel und Medikamente. Es ist großartig, dass sich dafür auch freiwillige Helfer melden – ein herzliches Dankeschön dafür!
Verändert man sich denn auch selber? Gerade auch als Politikerin?
Die Gemeindebediensteten sind weiterhin für die Bevölkerung da. Auch wir sind aber angewiesen, den Betrieb auf das dringend notwendige Mindestmaß zu beschränken, Parteienverkehr ist nur in Ausnahmefällen möglich. Und wir arbeiten in zwei Teams, um im Ernstfall ein Team einsatzfähig zu halten. Fast alle Termine sind abgesagt, daher kann auch ich direkt Kontakte verringern. Jede Krise birgt die Chance, daraus zu lernen und gestärkt hervor zu gehen – diese Chance sollten wir nutzen. Sehen wir doch auch die positiven Aspekte – Entschleunigung, zusätzliche Familienzeit, Erholung für die Natur, Zusammenhalt und Solidarität werden wieder stärker gelebt. Und man lernt, sich wieder auf das wirklich Notwendige zu konzentrieren.
Welche Anliegen bzw. Projekte sind Ihnen für Lendorf generell wichtig?
Mein größtes Anliegen derzeit ist, dass wir diese Krise gut überstehen. Dass wir füreinander da sind – vor allem für die ältere Generation und andere Hilfsbedürftige. Auch wenn schwere Zeiten anstehen – gemeinsam werden wir es schaffen! Laufende Projekte sind jetzt leider auf Eis gelegt, momentan gibt es andere Prioritäten. Im Hintergrund versuchen wir jedoch, die Themenstellungen so gut als möglich digital abzuklären und weiter zu bearbeiten.
Auf welche Erfolge blicken Sie gern zurück?
Mein größter Erfolg ist, dass wir im Gemeinderat sehr gut zusammen arbeiten und einen wertschätzenden Umgang pflegen. Wir diskutieren hart, ziehen letztendlich aber an einem Strang - es gibt fast nur einstimmige Beschlüsse. Dadurch können wir auf viele erfolgreich umgesetzte Projekte zurückblicken. Für das Miteinander gab es auch schon einen Gemeinderatsausflug, eine Fortsetzung ist angedacht.
Sie waren die erste Bürgermeisterin in Oberkärnten. Welches Fazit ziehen Sie bislang? Welche Erfahrungen mach(t)en Sie in der „Männer-Domäne“?
Das Bürgermeisteramt ist eine wunderbare Aufgabe. Wir Frauen müssen uns aber um vieles mehr beweisen, um akzeptiert zu werden. Politik ist längst keine Männerdomäne mehr und ich würde mich über mehr „Weiblichkeit“ im Bürgermeisteramt sehr freuen, das würde die Kommunalpolitik sehr bereichern. Frauen haben oft einen anderen Zugang zu den Themen und können, denke ich, auch leichter über „ihren Schatten springen“.
Sie waren aber auch schon Anfeindungen ausgesetzt?
Ja, auch ich war – vor allem während der Asylkrise 2015 – und bin nach wie vor vereinzelt von Anfeindungen betroffen. Ich lasse mich aber von derartigen Vorkommnissen nicht einschüchtern, im Gegenteil – es macht mich stärker. Wenn man in erster Reihe steht und Mut für notwendige Veränderungen zeigt, bietet man natürlich auch Angriffsfläche. Zum großen Teil erfahre ich jedoch viel Wertschätzung in der Bevölkerung, strahlende Kinderaugen und positive Rückmeldungen der Menschen sind der größte Dank für mich.
Wie wichtig sind letztlich Rückhalt und Verständnis der Familie?
Als öffentliche Person trage ich eine große Verantwortung und muss vorbildlich agieren. Trotzdem darf ich Stärken und Schwächen haben, ich zeige mich so wie ich bin. Ohne den Rückhalt meiner wunderbaren Familie wäre ich heute nicht Bürgermeisterin, daher sind mir die Privatsphäre in meinen eigenen vier Wänden und Zeit für meine Familie absolut wichtig.
Apropos Bürgermeisterin und Familie: Diesbezüglich wollten Sie mal ein Buch darüber schreiben. Wie schaut es um diesen „Wunschtraum“ aus?
Ich habe schon in meiner Jugend gesagt, dass ich irgendwann ein Buch schreiben werde und dieser Wunsch steht weit oben auf meiner To-Do-Liste. „Anekdoten und nette Geschichten aus dem Leben einer Bürgermeisterin“ werde ich mir für später aufbehalten. Das erste Buch werde ich meinem verstorbenen Sohn Elias widmen, um Suizidhinterbliebenen Mut zuzusprechen.
Und wie gefällt Ihnen der „Oberkärntner Volltreffer“?
Der „Oberkärntner Volltreffer“ ist für mich als Regionalmedium für den Bezirk sehr wichtig. Deshalb lese ich ihn auch gerne, um mich über Aktuelles aus der Region zu informieren – macht weiter so, liebes Redaktionsteam!
Beruf: Bürgermeisterin von Lendorf
Sternzeichen: Skorpion (mit sanftem Stachel)
Ich höre gern (Musik): Alles, nur nicht Schlager…
Ich trinke gerne: Wasser und Gin Tonic
Lieblingsblume: Ich liebe alle Blumen
Lebensmotto: So wie es ist, so ist es richtig und so wie es kommt, so soll es sein.