Mag. Dr. Sabine Seidler: Ja, das war natürlich eine Herausforderung, denn ich selbst war ja zunächst für zwei Wochen in Quarantäne in Heiligenblut, wo ich dann aber gleich bis Anfang Juni geblieben bin. Da sowohl das Programm als auch alle Referenten schon fixiert waren, haben wir zunächst bis Ostern gewartet, ob wir das Forum nicht doch wie geplant im neuen Haus der Steinböcke durchführen können. Als dann aber klar war, dass auch das Haus der Steinböcke bis zum Forum nicht eröffnet werden kann, haben wir uns rasch für eine online-Version des Forums entschieden. Trotz großer Begeisterung war es doch noch sehr viel Arbeit, die gesamte Digitalisierung und natürlich auch das Sponsoring hinzubekommen. Dabei geholfen hat uns sicher, dass wir in „ProMÖLLTAL“ ein bereits eingespieltes Team sind und wir viel Unterstützung durch unsere Förderer erhielten.
Was ist nun das „Forum Anthropozän“?
Ich weiß, das Wort klingt für viele sehr sperrig. Hinter dem Namen „Anthropozän“ verbirgt sich das Thema Menschenzeitalter. Der Mensch ist sozusagen zum bestimmenden geologischen Faktor geworden. D.h. was wir auf, in und mit der Erde tun, ist so tiefgreifend und langfristig, dass Wissenschaftler eine neue Erdepoche ausrufen wollen. Es ist ein sehr umfassender Begriff, der uns aber bewusst macht, dass wir mit unserem Verhalten auf dieser Erde letztendlich unsere eigene Lebensgrundlage zerstören. Was es jetzt braucht, ist eine aktive Erkundung von Zukunftsszenarien, neue Formen der Zukunftsverantwortung und eine gehörige Portion Mut damit zu beginnen. Das „Forum Anthropozän“ bietet genau dafür eine Plattform, bei der es einerseits um Bewusstseinsbildung und andererseits um das Entwickeln von Zukunftsszenarien und -projekten geht.
Wie tragen Sie zum Erhalt unserer Lebensgrundlage bei und was ist Ihre größte „Klima-Sünde“?
Mein großes Engagement im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung ist über wissenschaftliche Vernetzung möglichst viel Wissen zu diesen Themen zu schaffen und Plattformen aufzubauen, damit dieses Wissen verbreitet werden kann. Darüber hinaus ist mir aber neben der Wissensproduktion ganz wichtig, konkrete Projekte im Bereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung umzusetzen.
Meine größte Umweltsünde ist sicherlich mein altes Dieselauto, wobei ich zum Ausgleich seit meiner Jugend eine leidenschaftliche Zug- und Radfahrerin bin. Das nächste Auto wird aber bestimmt ein klimafreundliches.
Welche Idee stand hinter der Gründung des „1. Europäischen Klima- und Umweltbildungszentrums“ in Mallnitz?
Wir wollen die Themen „Klima und Umwelt“ noch stärker mit dem Bildungsstandort Mallnitz verschränken. Dabei werden vorhandene Kompetenzen und Angebote der Partner wie Nationalpark Hohe Tauern, Alpenverein, Land Kärnten, „GRIPS“ (Bildungsagentur, Anm. d. Red.) und dem Verein „ProMÖLLTAL“ mit dem „Forum Anthropozän“ gebündelt und gemeinsam synergetisch weiterentwickelt.
Welcher Aufgaben nimmt sich der Verein „ProMÖLLTAL“ an?
Im Verein „ProMÖLLTAL“ werden u.a. das „Mölltaler Geschichten Festival“, das „Forum Anthropozän“, die „Schlösslgespräche“ im Schlössl Großkirchheim und der „MÖLLTALklang“ seit einigen Jahren erfolgreich umgesetzt. Darüber hinaus wollen wir in Zeiten der Digitalisierung das Mölltal stärker als Lebens- und Arbeitsraum etablieren und arbeiten am „Alpine Nature Campus“, wobei demnächst in Großkirchheim das erste energieautarke Alm-Office eröffnet wird. Wir verstehen uns dabei als Think Tank, entwickeln Ideen gemeinsam weiter und versuchen dafür auch gute Finanzierungsmodelle zu schaffen.
Wo sehen Sie die größten Chancen im Mölltal?
Diese unglaublich schöne Natur- und Kulturlandschaft ist sicher die größte Ressource und Chance des Mölltals, aber gleichzeitig auch die am meisten bedrohte. Wobei sich durch die Digitalisierung große Chancen für den ländlichen Raum und seine Bewohner ergeben und sich dadurch neue nachhaltige Lebens- und vor allem Arbeitswelten entwickeln können.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für das Mölltal?
Der Klimawandel wird auch das Mölltal nicht verschonen. Haben urbane Räume eher mit Hitze und mit der Trinkwasserversorgung zu kämpfen, wird das Mölltal eher mit dem Thema Starkregen, Stürme, Schutzwaldverlust, Vermurungen etc. zu kämpfen haben. Darüber hinaus ist vor allem bei der Jugend der Drang in die „Smart Cities“ ungebrochen. Um ein Tal zukunftsfähig zu halten, braucht es aber die Jugend. Um für diese attraktiv zu bleiben, braucht es aber auch neben der wunderbaren alpinen Landschaft adäquate Arbeitsplätze, die Möglichkeiten sich etwas aufzubauen und auch Angebote im kulturellen, im sozialen und im Bildungsbereich. In diese Richtung geht auch die Entwicklung des „Alpine Nature Campus“.
Welchen Wunschtraum hätten Sie privat?
Ich reise viel und gerne mit meinem Lebensgefährten, daher hätte ich einen ganz anderen Wunsch, den ich noch gerne umsetzen möchte: Gemeinsam mit Frauen und der Unterstützung von Männern das geschichtsträchtige, im 17. Jahrhundert von Maria Schober gegründete Frauenkloster in Großkirchheim/Döllach unter Aspekten der Jetzt-Zeit wieder zu einem besonderen Ort zu entwickeln.
Und wie gefällt Ihnen der „Oberkärntner Volltreffer“ gern noch gefragt?
Der „Oberkärntner Volltreffer“ gibt mir einen sehr guten und unterhaltsamen Überblick über alles, was so im Mölltal los ist. Weiter so!
Beruf: Projektmanagerin, Organisationsentwicklerin und externe Lehrbeauftragte
Sternzeichen: Fische
Ich höre gern (Musik): David Gray
Leibgericht: Fleischknödel mit Sauerkraut von meiner Mutter
Lieblingsblume: Pfingstrosen aus unserem Garten in Heiligenblut
Lebensmotto: „Wir bleiben dran“