OVT: Dr. Thurner, Ein Jahr Obfrau des Landesverbandes: Wie sieht die Bilanz aus?
DI Dr. Elisabeth Thurner: Ich würde sagen doch eine sehr ausgeglichene. Als ich mich zur Wahl gestellt habe war die Situation gerade nicht so einfach, da es unter den Imkern und Imkerinnen im Land doch einige Unstimmigkeiten gab. Mir war bewusst, dass es eine große Aufgabe und Verantwortung sein wird und ich stand schon mit gemischten Gefühlen dem Ganzen gegenüber. Erfreulicher Weise konnten wir in diesem Jahr jedoch gemeinsam einiges bewegen, und das ist letztendlich das was zählt.
Sie sind zugleich aber auch die erste Frau in diesem Amt. Wo unterscheiden Sie sich vielleicht im Vergleich zu ihren männlichen Vorgängern?
Ich denke man hat als Frau vielleicht doch gewisse Vorteile, wenn es darum geht zwischen Männern zu vermitteln, was bei Imkern doch manchmal vonnöten ist. Aber ehrlich gesagt habe ich mir diese Frage nie so gestellt.
Welche Schwerpunkte setzen Sie?
Schwerpunkte liegen für mich ganz klar in der Ausbildung und der Zucht. In diesen Bereichen müssen wir unbedingt am Ball bleiben und die Imkerinnen und Imker dahingehend begeistern. Das geht natürlich nur wenn man ein gutes Team an „Lehrenden“ hat und da freue ich mich sehr, dass sich in den letzten Jahren im Angebot der Kärntner Imkerschule sehr viel getan hat. Und die Zucht ist ohnehin enorm wichtig, da sie aufgrund der Zeit- und Arbeitsintensität nur von wenigen Imkern durchgeführt wird. Aber nur durch qualitative Zuchtarbeit können wir leistungsstarke und vor allem vitale Bienenvölker vermehren, mit denen es dann auch eine Freude ist zu arbeiten.
Der heurige Winter war der wärmste seit Aufzeichnungsbeginn! Wie reagieren Bienen auf den Klimawandel, auf die damit einhergehenden Veränderungen?
Bienen reagieren auf Veränderungen in der Natur schneller und konsequenter als man glaubt. Jedoch ist es die Aufgabe von uns Imkern, dass wir den Bienen auch die Möglichkeit dazu geben. Das heißt WIR müssen möglichst vorrausschauend und verantwortungsvoll handeln. Wenn die Bienen im Winter durch zu warme Temperaturen nicht in die gewohnte Winterruhe gehen können, brauchen sie Energie also genug Futter. Auch Parasiten, die sich unter diesen Bedingungen vermehren können, haben ein leichteres Spiel. Es ist natürlich eine Herausforderung, aber ich denke wir müssen uns hier an unseren Bienen orientieren, denn es sind letztendlich ihre Instinkte die sie bereits solange auf dieser Erde leben lassen.
Kann das Coronavirus auch den Bienenflug derzeit beeinflussen?
Die Frage ist sicher kein schlechter Ansatz. Die Bienen sind als Bioindikatoren sehr eng mit der Natur verbunden. Daher ist sicher alles was unserer Umwelt zugutekommt auch für die Bienen von Vorteil. Die Imkerei bei uns ist zu 99 Prozent eine Nebenerwerbstätigkeit. Und da man bei der Bienenarbeit in der Regel niemand anderen gefährdet und in der freien Natur arbeiten kann profitieren die Bienen jedenfalls sicher davon, dass jetzt viele ihrer Halter gerade mehr Zeit für sie haben, als vielleicht unter normalen Umständen.
„Stirbt die Biene, stirbt der Mensch!“ heißt es. Was hat es damit auf sich?
Es ist alles ein Kreislauf. Die Bienen bestäuben unter anderem mit vielen anderen Insekten viele unserer wertvollen Nutz- und Kulturpflanzen. Ohne Bestäubung gäbe es dann in Folge auch keine Nahrung für den Menschen. Daher sollte man diese Aussage durchaus als Warnung anerkennen.
Wie verhält man sich übrigens in „Anwesenheit“ von Bienen richtig? Wie behandelt man einen Bienenstich?
Bienen sind grundsätzlich keine aggressiven Tiere. Immerhin bezahlen sie für einen Stich mit ihrem Leben was klar werden lässt, dass sie nur im Notfall ihren Stachel einsetzen. Sie wollen sammeln, sammeln und sammeln und eigentlich nur ihre Ruhe. Daher sollte man sich in Anwesenheit von Bienen ebenfalls ruhig verhalten um nicht den Anschein zu erwecken man könnte eine Bedrohung sein. Sollte man trotzdem von einer Biene „missverstanden“ werden, hilft es den Stachelapparat, der aufgrund eines Wiederhakens in der Haut hängen bleibt, rasch zu entfernen und die Stelle zu kühlen.
Hauptberuflich sind Sie bei der Landwirtschaftskammer Kärnten beschäftigt. Inwieweit können Sie das mit ihrer Obfrauen-Tätigkeit verbinden?
Diese Frage habe ich mir als ich mich zur Wahl gestellt habe, ebenfalls selbst gestellt. Tatsächlich ist es so, dass sich fachlich natürlich sehr vieles abdeckt und dadurch eigentlich alles sehr gut ergänzt. Tätigkeiten als Obfrau, wie diverse Sitzungen oder Veranstaltungen – meistens am Wochenende – sind halt im Ehrenamt auszuführen, was organisatorisch und familiär manchmal schon grenzwertig ist. Aber wie gesagt nach diesem Jahr bin ich positiv davon überzeugt, dass alles machbar ist wenn man ein gutes Team an seiner Seite hat.
Welchen Wunschtraum hätte Elisabeth Thurner eventuell privat?
Also ich bin auch privat ganz der „zurück zur Natur“ Mensch. Ich hatte einmal die Ehre zwei Sommer lang auf einer Alm als Sennerin tätig zu sein. An diese Zeit denke ich gerne zurück - kein Internet, kein TV Anschluss - dafür aber zehn Kühe, die gemolken wurden und deren Milch täglich zu Käse verarbeitet wurde. Das war eine sehr schöne Zeit an die ich mich gerne erinnere, vor allem wenn ich der Reizüberflutung unserer Gesellschaft gerade wieder einmal nicht so ganz folgen kann. Und wer weiß, vielleicht habe ich ja wieder einmal die Gelegenheit…
Wie gefällt Ihnen der „Oberkärntner Volltreffer“ abschließend gefragt?
Mir gefällt er sehr gut, weil er sich inhaltlich den regionalen Themen und vor allem auch den Menschen in der Region widmet und seiner Linie seit Jahren treu geblieben ist.
Beruf: Obfrau, Imkerin und Landwirtschaftskammer-Angestellte
Sternzeichen: Skorpion
Ich höre gerne (Musik): eigentlich alles, je nach Stimmung
Ich esse gerne: Honig (lacht)
Lieblingsblume: weiße Rose
Lebensmotto: Ich bin Leben, das Leben will, inmitten von Leben, das Leben will.