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07. Januar 2022

Anita Dullnig (Trebesing)

Anita Dullnig (39), hat vor 15 Jahren in der Pilotgemeinde Trebesing als Ansprechperson für das Dorfservice begonnen, drei Jahre danach kam die Gemeinde Malta hinzu und seit 2012 darf sie auch die Dorfservicegemeinde Gmünd betreuen. Seit drei Jahren steht sie auch hinter einem besonderen Projekt: dem „Cafe´ Zeitreise“, einer Initiative von Dorfservice, Caritas und der Gemeinde Malta. Dabei verhilft sie von Vergesslichkeit oder Demenz betroffenen Menschen und ihren Angehörigen zu etwas mehr gemeinsamer Zeit und Austausch. Anita Dullnig lebt mit ihrem Mann Peter und ihren beiden Töchtern Michaela und Leonie in Trebesing.
Anita Dullnig (Trebesing)

Sie arbeitet gegen das Vergessen

OVT: Frau Dullnig, mit ihrem „Café Zeitreise“ stellen Sie sich dem Vergessen entgegen. Können Sie uns kurz beschreiben, wie sie das machen?

Anita Dullnig: Bei unseren Treffen geht es in erster Linie um die Gemeinschaft, um die Pflege langer Freundschaften und darum gemeinsam lustige, gesellige Stunden zu verbringen. Hoch im Kurs steht da mein mobiles Kegelspiel. Auch „Bingo“ zu verschiedenen saisonalen Themen wird sehr gerne gespielt. Man tauscht sich über verschiedene Bräuche im Jahr aus und es wird das eine oder andere Lied gesungen. Ich finde es immer sehr faszinierend wie textsicher unsere Teilnehmer beim Singen der Lieder noch sind. Im Sommer geht es meist zu nahegelegenen Ausflugszielen, wie den Gössfällen, dem Eselgestüt in Malta, aufs Stubeck usw. Kaffee und Kuchen oder eine gemeinsame Jause darf natürlich bei keinem Treffen fehlen.

 

Gibt es eigentlich viele Leute, die vom Vergessen betroffen sind?

Aktuellen Schätzungen zufolge leben in Österreich 115.000 bis 130.000 Menschen mit irgendeiner Form der Demenz. Aufgrund des kontinuierlichen Altersanstieg in der Bevölkerung wird sich diese Anzahl bis zum Jahr 2050 verdoppeln und der Betreuungs- und Pflegebedarf wird somit weiter steigen. Uns ist es wichtig, dass auch Teilnehmer mit dabei sind, die nicht von der Krankheit betroffen sind, wie Ehepartner oder sehr gute Freunde der Betroffenen. Unsere Gruppe besteht meist aus zwölf bis 15 Personen.

 

Wie kamen Sie auf diese Idee, das zu machen? Aus einem persönlichen Bedarf?

Diese Idee stammt nicht von mir. Eine Angehörige eines an Demenz erkrankten Mannes aus Malta ist an Bgm. Klaus Rüscher herangetreten mit dem Wunsch sowas ins Leben zu rufen.  Der Bürgermeister hat es gutgeheißen und sich gemeinsam mit Eva Sachs-Ortner (Demenzberaterin, Anm.) für dieses Anliegen eingesetzt. So stellte die Gemeinde einen Raum zur Verfügung und nahmen das Dorfservice mit ins Boot. So kam ich ins Spiel. Um diese Aufgabe gut begleiten zu können machte ich die Ausbildung zum Ehrenamtlichen Demenzbegleiter, das Thema hat mich so gefesselt, dass ich gleich darauf die Ausbildung zum Dipl. Demenzbegleiter begonnen und im Jahr 2020 erfolgreich abgeschlossen habe.

 

Es geht viel um die Vergangenheit – bekannte Orte, Themen werden helfen, sich zu erinnern. Worüber wird denn so gesprochen?

Vom Schneider, Holzknecht, Tischler, Bauarbeiter, Dirn, Hirte, Musikant, Jäger, Imker, Hausfrau … ist in unserer Gruppe alles vorhanden. Daher sind die Geschichten auch sehr vielfältig. Sie sprechen von  den Almen wo sie in ihrer Jugend Sennerin und Senner waren und meist den gesamten Sommer alleine auf der Alm verbrachten, darüber wie weit ihr Schulweg war, den sie zu Fuß zurücklegen mussten, oder von der einen oder anderen Liebschaft. Vieles wird erzählt. Bei all diesen Geschichten ist selten ein Klagen mit dabei.

 

Sie machen auch Ausflüge mit den Leuten?

Ausflüge machen wir meist innerhalb der Gemeinde Malta. Gemeinsames Essen ist ein wichtiges Thema. So gehen wir gemeinsam zum Nudel essen, besuchen Buschenschänken, fahren aufs Stubeck, besuchen das „Haus des Staunens“. Auch der Rosengarten in Seeboden oder das Eselgestüt Malta zählte schon zu unseren Zielen. Das alles wäre nicht möglich, wenn wir nicht unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter hätten, die den Fahrtendienst übernehmen und bei den verschiedenen Aktivitäten mithelfen und auch zu dem einem oder anderen Thema etwas vorbereiten. Liebe Bruni, Brigitte, Elfriede und Peter auf diesem Wege möchte ich mich herzlichst bei euch für euer Tun bedanken.

 

Was können Sie Angehörigen raten, die sich mit dem Vergessen auseinandersetzen?

Das ist eine schwierige Frage. Ich denke das wichtigste ist, über diese Krankheit zu sprechen und das Umfeld – Familie, Nachbarn, Freunde – zu informieren und teilnehmen zu lassen. Es ist eine sehr herausfordernde Aufgabe einen an Demenz erkrankten Menschen zu begleiten. Doch ich bin davon überzeugt, dass es aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet auch eine sehr bereichernde Aufgabe sein kann. Eine Diskussion mit einem an Demenz erkrankten Menschen hat man vor Beginn an schon verloren. Manchmal ist es besser aus der Situation einfach auszusteigen und die Perspektive zu ändern. Mit dem Herzen sehen, sprechen, hören, fühlen. Geduld und Zeit sind die wichtigsten Werkzeuge. 

 

Derzeit wird es coronabedingt nicht sehr einfach sein. Treffen Sie sich dennoch und was sind die Pläne für das kommende Jahr?

Da die meisten unsere Teilnehmer geimpft sind, konnten wir uns auch heuer treffen, meist in einem Gasthaus wo wir unter uns waren. Im Vorjahr haben wir sie mit einem Adventkalender überrascht. Das eine oder andere Gespräch am Gartenzaun, auch durch die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat stattgefunden. Vorausplanen für das neue Jahr ist schwierig, wir müssen immer zwischen Sicherheit und Vereinsamung abwägen. Unsere Ausflugziele wiederholen sich, da wir auch überall gerne wiedergesehen Gäste sind. Das Programm wird wieder etwas angepasst, doch Kegeln und Bingo wird sicher wieder mit dabei sein.

 

Was machen Sie eigentlich neben ihrer Tätigkeit beim DS?

Wir sind eine begeisterte Feuerwehrfamilie, auch das Schifahren gehört zu unserem Familienhobby. Auch haben wir einen großen Garten der gepflegt werden möchte und unsere Tiere nehmen einen großen Platz in unserem Leben ein. Wie sie sehen - ich bin nicht gerne alleine.

 

Gibt es einen Wunschtraum, den Sie hegen?

Mein Wunschtraum ist, dass die Menschen sich wieder „auf Augenhöhe“ begegnen lernen. Das heißt, das Gespräch ernsthaft zu betreiben, ernst zu nehmen, den Partner oder die Partnerin so zu nehmen, wie er oder sie ist: Gewichtig und Gleichbedeutend.  

 

Abschließend gerne gefragt: Wie gefällt Ihnen der „Oberkärntner Volltreffer“?

Es gibt keinen „Oberkärntner-Volltreffer“ den ich nicht lese und im Sinne des Gedächtnistrainings wird das Sudoku immer ausgefüllt.  

 

Kurz gefragt:

Beruf: Dorfservice-Mitarbeiterin und Verantwortliche für ein besonderes Projekt

Sternzeichen: Widder

Lieblingsgetränk: Aperol

Ohne was nie außer Haus? Ohne mich von meinen Lieben zu verabschieden.

Motto: Liebe dein Leben und dein Leben liebt dich.