Skip to main content
22. Juli 2025

„Überraschungsfund“ im Nationalpark Hohe Tauern

90 freiwillige Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen naturwissenschaftlichen Disziplinen beteiligten sich vergangenes Wochenende an der großangelegten Erhebung der Artenvielfalt im Gradental und im Gartltal (Gemeinde Großkirchheim). Ziel war es, innerhalb eines Wochenendes sämtliche Pflanzen, Tier, Flechten und Pilzarten des Tals zu erkunden.

Ein neuer „Rekord“: rund 90 Forscherinnen und Forscher waren im Oberen Mölltal der Artenvielfalt auf der Spur. Foto: NPHT/Mattersberger

Mit 195 km² in der Glockner und Schobergruppe wurde im Jahr 1981 in Kärnten der erste österreichische Nationalpark gegründet. Das Gradental ist somit ein bedeutender Teil der österreichischen Nationalparkgeschichte. Als eiszeitlich geformtes Trogtal in den Hohen Tauern zeichnet es sich durch seine beeindruckende hochalpine Landschaft, die umliegenden Dreitausender sowie zahlreiche Karseen aus.

Fünf Untersuchungsgebiete, tausende Beobachtungsdaten

Die vielfältigen Talabschnitte wurden in fünf Schwerpunktzonen eingeteilt, um die Teams der verschiedenen Forschungsdisziplinen optimal zu verteilen. Erste Daten, die via der Online Datenplattform Observation.org gemeldet wurden, zeigen nach dem Wochenende rund 3.600 Beobachtungen aus dem Gradental und dem angrenzenden Gartltal. Unter anderem wurden 950 Arten dokumentiert, davon etwa 500 Gefäßpflanzen, 150 Nachtfalter, 45 Tagfalter, 80 Vogelarten, 50 Käfer und 20 Heuschrecken – um nur einige zu nennen. Diese Zahlen werden sich in den nächsten Tagen noch deutlich erhöhen, da für viele Forscherinnen und Forscher die eigentliche Arbeit – die Bestimmung der Arten im Labor – jetzt erst beginnt.

Überraschender Fund

Völlig überrascht war das Forscherteam vom Haus der Natur über den Erstfund der Bedronten Höhlenschrecke (Troglophilus neglectus) in den Hohen Tauern. „Diese Art hätten wir hier überhaupt nicht vermutet. Die Fortpflanzung ist eine Besonderheit in der Tierwelt und zeigt, welche besonderen Fähigkeiten zur Bestandssicherung sich die Natur immer wieder ausdenkt. Mehrere Generationen an Eiern können von den Weibchen als genetische Klone abgelegt werden, um das Überleben zu sichern. Aber ganz ohne Männchen geht es dann auf Dauer nicht“, weiß Tobias Seifert. Die Höhlenschrecke wurde – wie viele andere Arten auch – auf den sogenannten Eggerwiesen gefunden, die somit als wahrer Hotspot der Artenvielfalt bezeichnet werden können. Der hohe Artenreichtum ist aufgrund der Geologie und der nachhaltigen Bewirtschaftung der Bergmähder gegeben. Ein weiterer „Schatz“ ist das Leuchtmoos (Schistostega pennata), das in der Nähe der Adolf Noßberger Hütte entdeckt wurde. Es leuchtet nicht aktiv, sondern zeigt ein faszinierendes optisches Phänomen: Spezielle Zellstrukturen im Protonema bündeln das Licht und reflektieren es wie ein Katzenauge – ein rein physikalischer Effekt, der das Moos bei bestimmten Lichtverhältnissen goldgrün schimmern lässt. Laut einer irischen Legende gilt das Leuchtmoos als Zeichen eines verborgenen Goldschatzes am Ende des Regenbogens.

„Tage der Artenvielfalt“ wichtig für die Forschung

Seit 2007 finden die Tage der Artenvielfalt im Nationalpark Hohe Tauern statt. Bisher konnten über 75.000 Datensätze gesammelt werden, das sind rund 12 % des Gesamtdatenbestandes der Biodiversitätsdatenbank des Nationalparks Hohe Tauern (620.000 Datensätze). „Die Sammlung von Daten, wie wir sie am Tag der Artenvielfalt durchführen, ist zwar aufwendig und liefert keine schnelle Dokumentation zu Veränderungen, wie sie in der heutigen Zeit oft gewünscht werden. Doch gerade in Zeiten von Fake News und aus dem Zusammenhang gerissenen Informationen ist seriöse Forschung wichtiger denn je. Als Nationalpark sehen wir uns in der Verantwortung, mit verlässlichen Daten und Langzeitreihen ein Gegengewicht zu schaffen“, betonte Barbara Pucker, Direktorin des Nationalparks Kärnten, bei der Abschlusspräsentation.