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15. April 2025

Heuer wieder ein Mastjahr

2025 steht laut Naturschutzbund-Ökologen Johannes Gepp offensichtlich ein intensives Blühjahr bevor. Seit 2018 sind sogenannte Mastjahre, also Jahre mit extremen Samenmengen, die Regel, in manchen Jahren, wie zuletzt 2023 bei allen Gehölzen. Die Befürchtung, dass die extreme Blühfreudigkeit als klimawandelbedingtes Angstblühen zu werten ist, verdichte sich.

Von Prof. Dr. Johannes Gepp

Hainbuchen, eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Birkengewächse, stehen hier in Massenblüte. Foto: Johannes Gepp

Bäume neigen in Mehrjahresabständen zu extremen Blütenjahren, allerdings waren es vor Jahrzehnten noch vieljährige Abstände. Seit 2018 ist bei einigen Strauch- und Baumarten nahezu jährlich ein Massenblühen zu beobachten. Pollenallergiker können das leidvoll bestätigen. Heuer sind die Massenblüten der Hasel schon abgeblüht, ebenso die Zitterpappeln. Die Hainbuchen blühen derzeit maximal – mit bis zu einer halben Million Einzelblüten je Baum, die Erlen, Ulmen und Ahorne beginnen gerade vielerorts zahlreiche Blütenknospen zu öffnen. Auffällig blühen in Parken die Magnolien, in Gärten die Kirschbäume, in Wäldern die ansonsten kränklichen Eschen. Auch manche Rotbuchen zeigen viele Blütenknospen, ein Teil der Lärchen bildet bereits neue grüne Zapfen, obwohl sie noch voller Altzapfen aus dem Jahr 2023 sind.

Ein weiteres Mastjahr 2025 kündigt sich an

Als Mastjahre bezeichnen Förster und Bauern jene Jahre, in denen fast alle Bäume außerordentlich viele Blüten und schließlich Früchte und Samen tragen, womit sich Wildtiere entsprechend „mästen". Nach Jahrhunderte währenden Beobachtungen weiß man, dass extreme Mastjahre bei den meisten Baumarten nur in 7- bis 11-jährigen Abständen üblich waren. Seit der Jahrtausendwende hat sich das geändert, seither gab es überdurchschnittlich viele Mastjahre, insbesondere in den Jahren 2018 und 2019 in ganz Mitteleuropa. In den Jahren 2020 und besonders 2023 blühten nahezu alle Baumarten. 2023 blühten die bei uns häufigen Fichten so intensiv wie selten zuvor beobachtet und streuten massenhaft Pollen, die die Autos einstaubten. Der Rekord für Fichten lag bei über 10.000 Zapfen an einem einzigen Baum, bei Lärchen bei 12.000. Rotbuchen verstreuten bis zu eine Viertelmillion Bucheckern. Einzelne Eichen brachten 2024 bis zu 30.000 Eicheln hervor.

Stressbedingtes Angstblühen?

Noch ist nicht erkennbar, ob 2025 ein „Vollmastjahr" wird, also ein gleichförmiges Massenblühen aller Baumarten bringt. Die bisherigen Serien sollten aber zu denken geben. Unsere Bäume stehen im Klimastress und bemühen sich um maximale Vermehrungs-Chancen durch ein Mehr an Früchten und Samen. Demnach bedeutet die prächtige maximale Blütenfülle wenig Erfreuliches, sondern ist sehr wahrscheinlich Antwort auf den Klimastress, ein sogenanntes Angstblühen. Diese Blüten- und Fruchtproduktion kostet die Pflanzen enorm viel Kraft, weshalb nach extremen Blühjahren zumindest geschwächte Bäume sterben. Im Winter brechen sie bei zusätzlichen Schneelasten. Positiv ist das große Angebot an Samen, das einen zusätzlichen Schub der natürlichen Vermehrung im Wald bewirken kann. Die erwartete Masse an Jungbäumchen muss aber die mancherorts übergroßen Wilddichten überstehen. Denn Reh und Hirsch verknabbern Millionen Jungbäumchen, die unseren gestressten Wäldern Hoffnung geben sollten.

Zum Autor:

Prof. Dr. Johannes Gepp (Präsident des Naturschutzbundes Steiermark) beobachtet seit Jahrzehnten als Ökologe die Auswirkungen der Klimaveränderung auf Naturräume.