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11. Dezember 2025

Die Drau soll wieder „lebendiger“ werden

Die Drau war einst bis weit über die Landesgrenzen hinaus als hervorragendes Fischwasser bekannt – mit starken Beständen von Äschen, Huchen und Nasen. Seit den großen Regulierungs-Maßnahmen in den 1960er Jahren hat sich das Ökosystem massiv verändert. Auch nach mehreren Drau Renaturierungen der letzten Jahre und Jahrzehnte blieb die erhoffte Rückkehr der Fischbestände aus. Nun soll ein EU-Projekt Klarheit schaffen, ob die wachsende Kormoran-Population dafür verantwortlich sein könnte. An der Oberen Drau ist dafür ein „Kormoran-Ranger“ im Einsatz.

Matthias Bernardini und Betreuer Dr. Kurt Pinter vom Institut für Hydrobiologie der BOKU/Wien untersuchen die Auswirkungen von Kormoranen auf die Fischbestände der Drau.

Matthias Bernardini aus Greifenburg studiert an der BOKU in Wien. Als Drautaler, angehender Wildtierökologe und selbst Jäger und Hegeringleiter-Stellvertreter wurde er mit einer interessanten Aufgabe betraut: Er untersucht im Rahmen des EU-Projektes „Protect Fish“ den Einfluss von Kormoranen auf die Fischbestände in der Oberen Drau – und ob eine Regulierung der Kormoran-Population zur Erholung der Fischbestände beitragen kann. Europaweit werden im Rahmen des im Oktober gestarteten Projektes sechs Fallstudien durchgeführt: In Polen, Dänemark, Deutschland, Italien, Tschechei und in Österreich eben an der Oberen Drau. Betreut wird der Österreich-Teil von DDr. Kurt Pinter, Gewässerökologe an der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU), während Masterstudent Bernardini als „Kormoran-Ranger“ vor Ort im Einsatz ist.

Naturschutz-Erfolg zum Konfliktfall

Seit dem großen Hochwasser in den 1960er-Jahren wurde die Drau an vielen Stellen stark reguliert. Danach hat sich ihr Ökosystem massiv verändert. „Die Drau war einmal ein berühmtes Fischgewässer“, weiß Bernardinis Betreuer, Dr. Kurt Pinter. „Aber trotz aller Renaturierungsmaßnahmen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten umgesetzt wurden, hat sich der Fischbestand nicht erholt. Es muss noch einen weiteren Einflussfaktor geben – und mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es der neue Prädations-Druck durch den Kormoran“, erklärt Pinter. Der Kormoran war in den 1970er-Jahren nahezu ausgestorben – Umweltgifte hatten das Brüten verhindert. Nach Schutzmaßnahmen erholte sich die Art stark; heute wird der europäische Bestand auf rund zwei Millionen Vögel geschätzt. „Aber das Erfolgsprojekt des Naturschutzes wurde mittlerweile zum Problem“, so Pinter. Mit den 1990er-Jahren tauchten erstmals Kormorane in größerer Zahl an der Oberen Drau auf – genau zu jener Zeit, als die Renaturierung begann. Seither finden Fischer und Biologen kaum Erholung des Fischbestands. Bernardini verdeutlicht das Problem: „Ein Kormoran frisst täglich 400 bis 500 Gramm Fisch. Wenn an einzelnen Tagen bis zu 80 Vögel an der Drau jagen, kommt da einiges zusammen.“

Vergrämung und Monitoring

In den kommenden drei Jahren wird nun untersucht, ob eine gezielte Entnahme und vor allem Vergrämung – also das Vertreiben der Vögel – eine messbare Wirkung zeigt. Dazu arbeitet das Team eng mit der Jägerschaft im Drautal zusammen. Jagdreviere werden vernetzt, gemeinsame Monitoring-Strukturen geschaffen und Sichtungen gemeldet – unter anderem über eine eigens eingerichtete WhatsApp-Gruppe. Außerdem wird die Drau zwischen Oberdrauburg und Sachsenburg wissenschaftlich befischt, markierte Fische werden mit Mikrochip und Sendern ausgestattet, und Kameras beobachten die Schlaf- und Rastplätze der Vögel. Das Ziel von „Protect Fish“ sei nicht nur der Schutz der Fischerei. Auch andere Arten wie der Eisvogel oder der Fischotter leiden unter ausgedünnten Fischbeständen. „Wir leben in einer stark überprägten Kulturlandschaft. Da geraten Dinge aus dem Gleichgewicht. Wir müssen schauen, dass wir wieder eine Balance erreichen“, sagt Kurt Pinter. „Das Ökosystem an der Drau ist wie ein Uhrwerk, das etwas aus dem Takt geraten ist – wir drehen an ein paar Stellschrauben, damit es sich künftig wieder selbst regulieren kann.“ Matthias Bernardini und das Projektteam setzen auch auf die Mithilfe der Bevölkerung und der Jägerschaft. Wer Kormorane entlang der Oberen Drau beobachtet und die Bejagung unterstützen will, kann Sichtungen unter der E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. melden.